Sicherstellung der individuellen Wirksamkeit von Gehörschutz als Beitrag zur Inklusion von Personen mit Hörminderung (LÄRMINKLU)

Projekt-Nr. FF-FP 0410

Status:

abgeschlossen 03/2021

Zielsetzung:

Ziel des Projektes war es, eine optimale Versorgung mit Gehörschutz nicht nur für normalhörende Personen, sondern auch für Personen mit geringer oder erheblicher Hörminderung zu sichern und die Auswahl auf eine qualifizierte Entscheidungsgrundlage zu stellen.

Aktivitäten/Methoden:

In fünf Arbeitspaketen wurden verschiedene Aspekte von Auswahl und Benutzung von Gehörschutz für diese spezielle Personengruppe untersucht. Im Arbeitspaket 1 wurden 149 Beschäftigte befragt, sowie Tests zum Sprachverstehen im Störgeräusch mit und ohne Gehörschutz mit 92 Personen durchgeführt. Das Arbeitspaket 2 untersuchte die Nutzbarkeit von pegelabhängig dämmenden Gehörschützern ebenfalls mit Hilfe von Tests zum Sprachverstehen im Störgeräusch. Im Arbeitspaket 3 wurde die individuelle Schutzwirkung von Gehörschutz untersucht, da bekannt ist, dass Gehörschützer in der Praxis im Allgemeinen eine im Vergleich zur Baumusterprüfung deutlich reduzierte Schalldämmung besitzen. Die Bestimmung der individuellen Schalldämmung mittels Audiometer wurde auf ihre Praxistauglichkeit für diesen Zweck geprüft. Dazu wurden eigene Messungen unter Laborbedingungen durchgeführt und Messungen durch den betriebsärztlichen Dienst an 119 Personen ausgewertet. Im Arbeitspaket 4 wurde dem Problem Rechnung getragen, dass das aktuelle Zulassungsverfahren von Hörgeräten für Lärmarbeitsplätze sehr kompliziert ist und deshalb bisher nur ein Anbieter auf dem Markt war. Das Arbeitspaket diente daher der Erarbeitung eines flexibleren Zulassungsverfahrens für Hörgeräte für den Lärmarbeitsplatz. Im Arbeitspaket 5 schließlich wurden die aktuelle Umsetzung von Individualprävention (IP) Lärm-Verfahren bei den einzelnen Unfallversicherungsträgern (UVT) ermittelt und daraus Empfehlungen für Weiterentwicklungen abgeleitet.

Ergebnisse:

Die Befragung ergab, dass die überwiegende Mehrheit der Gehörschutzbenutzer und -benutzerinnen mit Hörminderung mit ihrem Gehörschutz zufrieden ist, wobei zu beachten ist, dass allein ca. 55 % der Befragten mit individuell angepassten Gehörschutz-Otoplastiken versorgt war. Es zeigte sich, dass Warnsignalhören mit Gehörschutz gut möglich ist. Gespräche konnten von der Hälfte der Befragten geführt werden. Für die andere Hälfte waren Gespräche nicht oder nur teilweise möglich. Telefonieren war jedoch nur für etwa 10 % der Befragten vollständig möglich.

Bei den Tests zum Sprachverstehen zeigte sich vor allem für die Teilgruppe mit stärkerer Hörminderung eine signifikante Verschlechterung der Sprachverständlichkeit mit Gehörschutz im Vergleich zum Test mit offenen Ohren. Diese Gruppe wiederum profitierte auch am stärksten bei der Sprachverständlichkeit von der Nutzung eines pegelabhängig dämmenden Gehörschützers.

Die Bestimmung der individuellen Schalldämmung ist auch im Betrieb mit Screening-Audiometern mit ausreichender Genauigkeit möglich. Das beteiligte ärztliche Fachpersonal beurteilte die nötigen zusätzlichen Messungen im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge als in der Praxis umsetzbar. Es zeigte sich allerdings, dass die individuellen Schalldämmwerte insbesondere bei vor Gebrauch zu formenden Gehörschutzstöpseln sehr stark von den Ergebnissen der Baumusterprüfung abweichen. Durch die neu erarbeitete DGUV Information 212-003 und die Norm EN 17479 stehen den Anwendenden von Messsystemen zur Bestimmung der individuellen Schutzwirkung Hilfestellungen für Auswahl und Einsatz solcher Systeme zur Verfügung.

Die Zulassung von Hörgeräten für den Lärmarbeitsplatz wird durch den neu erarbeiteten DGUV Grundsatz 312-002 und den IFA-Prüfgrundsatz GS-IFA-P16 für kombinierbare Systeme deutlich flexibler. Gleichzeitig wurden durch eine Überarbeitung des IFA-Prüfgrundsatzes GS-IFA-P14 für Komplettsysteme die Anforderungen an diese Produktgruppe weiter präzisiert. Individualprävention zum Thema Lärm (IP Lärm) wird bisher nicht von allen UVT praktiziert. Neben dem in der DGUV-Handlungsanleitung beschriebenen Betriebsbesuchsverfahren werden von einigen UVT auch spezielle Seminare für Personen mit Hörminderung als IP-Maßnahme angeboten.

Die Ergebnisse des Gesamtprojekts zeigen zum einen, dass es eine Reihe von Möglichkeiten gibt, Personen mit Hörminderung mit Gehörschutz so zu versorgen, dass das Restgehör geschützt und kein Arbeitsplatzwechsel erforderlich wird. Zum anderen wird deutlich, welche Aspekte der individualisierten Versorgung mit Gehörschutz für Personen mit Hörminderung bereits wirksam in der Praxis umgesetzt sind und welche noch stärker bekannt gemacht und gefördert werden sollten. Dazu zählen auch Unterweisungen mit praktischen Übungen, wie sie für Gehörschutz als PSA der Kategorie III nach der DGUV Vorschrift 1 jährlich vorgeschrieben sind.

Für die UVT ergeben sich aus den Projektergebnissen Anregungen, welche Aktive im Arbeitsschutz (UVT, Unternehmen, Sicherheitsfachkräfte, betriebsärztliches Personal, beschäftigte Personen) bei der erfolgreichen Gehörschutzversorgung von Personen mit Hörminderung in geeigneter Form eingebunden werden können.

Stand:

20.09.2021

Projekt

Gefördert durch:
  • Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V. (DGUV)
Projektdurchführung:
  • Lärm- und Gehörschutz-Consult
Branche(n):

-branchenübergreifend-

Gefährdungsart(en):

Lärm/Vibrationen

Schlagworte:

Lärm, Persönliche Schutzausrüstung, Integration Behinderter/Allergiker am Arbeitsplatz

Weitere Schlagworte zum Projekt:

Gehörschutz, Inklusion, Hörminderung, Hörschädigung, Hörvermögen, Warnsignale, Otoplastik, Hörgeräte, Lärm

Weitere Informationen

Das IFA unterstützt den Forschungsnehmer als Kooperationspartner mit dem Forschungsvorhaben IFA4232.