Die Identifizierung des ursächlichen Auslösers ist bei Verdacht auf eine exogen allergische Alveolitis, wie beispielsweise bei der Metallarbeiterlunge, sehr wichtig – auch, um am Arbeitsplatz geeignete Präventionsmaßnahmen einleiten zu können. Die Bestimmung von spezifischen IgG-Antikörpern kann bei der Diagnose und der Ergreifung von individuellen therapeutischen Maßnahmen von großer Bedeutung sein. Das IPA hat das Spektrum der serologischen IgG-Testung bei Verdacht auf Metallarbeiterlunge jetzt auch um den Nachweis des Mycobacterium immunogenum für die individuelle Diagnostik erweitert.
Kühlschmierstoffe (KSS) werden bei der Metallverarbeitung immer dann eingesetzt, wenn es um die Verminderung von Reibung zwischen Werkzeug und Bauteil oder um Wärmeabführung bei der Metallverarbeitung geht. Bei diesen Prozessen können Dämpfe und Aerosole entstehen, die, wenn sie eingeatmet werden, zu Reizungen und Erkrankungen der Atemwege führen können. Insbesondere wassermischbare KSS können mit Mikroorganismen kontaminiert sein. Über die Aerosolbildung während der Metallverarbeitung kann es dann zu Expositionen der Beschäftigten gegen mikrobielle Komponenten kommen. Häufig handelt es sich um Bakterien, die in geringen Konzentrationen im Wasser, das für die Herstellung der Kühlschmierstoff-Emulsion benutzt wird, vorhanden sind. Hier sind insbesondere Bak- terien der Gattung Pseudomonas und Mycobacterium zu nennen. Diese mikrobiellen Kontaminationen können die Ursache einer exogen allergischen Alveolitis (EAA) sein, die bei Beschäftigen in der Metallverarbeitung entstehen kann. Die EAA ist eine allergisch bedingte Entzündung der Lungenbläschen, die durch das wiederholte Einatmen von organischen Partikeln – meistens Schimmelpilze oder Bakterien, Vogelfedern beziehungsweise Tierstäube oder Pflanzenstäube – ausgelöst werden kann.
Die EAA ist eine sehr seltene interstitielle Lungenkrankheit mit einer Inzidenz von 0,5 – 2 Fällen bei einer Million Menschen pro Jahr in Europa. Sind in einem gewerblichen Betrieb mehrere Beschäftigte an einer EAA erkrankt, spricht man von einem EAA-Ausbruch. Die meisten EAA- Ausbrüche wurden in großen Automobilwerken vor allem in den USA und in geringerem Umfang in Großbritannien, Kroatien und Frankreich im Zusammenhang mit konta- minierten KSS-Abscheidungen dokumentiert (Burton et al. 2012). Die zunehmende klinische Bedeutung der Metallarbeiterlunge wurde auch durch epidemiologische Daten (Surveillance of Work-related and Occupational Respiratory Disease, SWORD) aus Großbritannien unter- stützt. Sie zeigten, dass die Exposition gegenüber KSS zwischen 1996 und 2015 mit circa 70 Fällen als häufigste Ursache einer berufsbedingten EAA in Großbritannien angegeben wurde (Barber et al. 2017). In Deutschland wurden im Zeitraum 1999 bis 2022 laut Berufskrankheiten Dokumentation der DGUV insgesamt 39 anerkannte Fälle einer beruflichen EAA (BK-Nr. 4201) im Bereich Metall- arbeit, Mechanik und verwandten Berufen dokumentiert, deren Auslöser Bakterien oder Schimmelpilze waren.
Generell ist die Diagnose einer EAA komplex und es müssen verschiedene Kriterien erfüllt sein. Dazu gehören eine typische Antigenexposition, expositions- und/oder zeitabhängige Symptome vier bis acht Stunden nach der Exposition sowie der Nachweis von antigenspezifischen IgG-Antikörpern im Serum. Obwohl es bisher zwar keinen kausalen Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein spezifischer Mikroorganismen in KSS und einer EAA-Erkrankung gibt, existieren starke Zusammenhänge zwischen erhöhten spezifischen IgG-Konzentrationen gegen KSS-Antigene und den typischen EAA-Symptomen bei exponierten Personen (Burton et al. 2012). Studien zu erhöhten spezifischen IgG-Antikörpern bei Arbeitneh- menden mit einer Metallarbeiterlunge zeigten, dass ein breites Spektrum mikrobieller Antigene erkannt wurde. Darunter verschiedene Bakterien wie Pseudomonaden, Mykobakterien und Pilze, die an KSS-Arbeitsplätzen vorkommen. Hier einen zuverlässigen Zusammenhang zwischen mikrobieller Belastung am Arbeitsplatz und Metallarbeiterlunge herzustellen, ist ein wichtiger Baustein bei der Diagnose, der bislang nicht zur Verfügung stand. Ziel einer aktuellen Studie des IPA in Kooperation mit der Berufsgenossenschaft Holz und Metall war es daher, ein relevantes KSS-Testpanel mit bakteriellen und pilzlichen Antigenen für die spezifische IgG-Bestimmung bei Beschäftigten mit Verdacht auf Metallarbeiterlunge zu etablieren. Weiterhin wurden mögliche IgG-Kreuzreaktionen zwischen den mikrobiellen Antigenen untersucht.
Kühlschmierstoffantigene und Bakterien (Metallarbeiterlunge) | |
Name | Code |
Kühlschmierstoffantigene | bg486 |
Pseudomonas alcaliphila | bg457 |
Pseudomonas oleovorans | bg453 |
Pseudomonas spec. | bg455 |
Paenibacillus glucanolyticus | bg454 |
Mycobacterium immunogenum | bg509 |
Insgesamt 30 Verdachtsfälle einer Metallarbeiterlunge wurden im Rahmen gutachterlicher Verfahren serologisch am IPA untersucht (Kespohl et al. 2023). Davon zeigten 17 mindestens eine erhöhte IgG-Konzentration gegen die hergestellten KSS-spezifischen bakteriellen Antigene (Abb. 1). Von den 17 Seren wiesen 15 erhöhte IgG-Konzentrationen gegen M. immunogenum-Antigene auf, gefolgt von verschiedenen Pseudomonas-Antigenen: Ps. alcaliphila mit 65 %, Ps. oleovorans und Ps. spec mit jeweils 82 %. Im Gegensatz dazu war die IgG-Reaktivität auf Paenibacillus (Pae.) glucanolyticus-Antigene nur in sieben von 17 Fällen nachweisbar. Zusätzlich zu den bakteriellen KSS-Antigenen wurden auch IgG-Konzentrationen für verschiedene Schimmelpilzantigene sowie gegen das bakterielle Antigen Saccharopolyspora S. rectivirgula gemessen. Als wichtige Antigene erwiesen sich S. rectivirgula mit erhöhten IgG-Konzentrationen bei 82 % der getesteten Proben und Aureobasidium (A.) pullulans mit 77 %. Alle weiteren Schimmelpilzarten, darunter typische Außenluft-Schimmelpilze wie Alternaria (A.) alternata und Cladosporium (C.) herbarum sowie Innenraum Schimmelpilze Aspergillus (A.) fumigatus und Penicillium (P.) chrysogenum und Fusarium (F.) proliferaturm waren weniger relevant für die Metallarbeiterlunge.
Als Spezifitätskontrolle wurde die IgG-Bindung an humanes Serumalbumin (HSA) gemessen, die in sechs der 17 Seren minimal erhöht war im Gegensatz zu spezifischen IgG-Konzentrationen gegen die KSS spezifischen Antigene. Im Rahmen einer früheren Begutachtung wurden aus zwei KSS-Arbeitsplatzproben Antigene gereinigt, die als mögliches serologisches Screening-Instrument validiert wurden.
Um mögliche IgG-Kreuzreaktionen gegen mikrobielle Antigene abschätzen zu können, erfolgte eine Berechnung der Korrelationen aller gemessenen spezifischen IgG-Konzentrationen. Die deutlichsten Korrelationen bestanden bei den bakteriellen Antigenen zwischen den verschiede- nen Pseudomonaden (Ps. oleovorans, Ps. alcaliphila, Ps. spec.), sowie zum KSS-Antigengemisch. Bei den fungalen Antigenen waren IgG-Konzentrationen gegen A. fumiga- tus und P. chrysogenum sowie zwischen A. pullulans und F. proliferatum signifikant korreliert. Die IgG-Antwort auf M. immunogenum zeigte keine signifikante Beziehung zu anderen mikrobiellen Antigenen. Interessanterweise bestanden keine signifikanten Korrelationen zwischen bakteriellen KSS-Antigenen und fungalen Antigenen.
Für die serologische IgG-Diagnostik bei Verdacht auf eine Metallarbeiterlunge sollte immer mindestens ein Pseudomonaden-Antigen plus M. immunogenum getestet werden. Bei möglicher Schimmelpilzexposition empfiehlt sich, diese Antigene ebenfalls in das Testrepertoire auf zunehmen. Im Rahmen gutachterlicher Fragestellungen kann diese spezifische IgG-Diagnostik auf KSS-relevante Antigene und Schimmelpilze im IPA angefordert werden ( www.dguv.de/ipa (PDF, 515 kB, barrierefrei) ) und zur Klärung eines EAA-Verdachts beitragen.
Die Autorinnen:
Dr. Sabine Kespohl
Prof. Dr. Monika Raulf
IPA
Bei Verdacht auf eine Metallarbeiterlunge ist es wichtig, den Zusammenhang zwischen Antigenexposition am Arbeitsplatz und der Erkrankung nachzuweisen
Der Nachweis kann durch die Bestimmung spezifischer IgG-Konzentrationen gegen typische mikrobielle Antigene im Serum des Beschäftigten erfolgen
Als mögliche Krankheitsauslöser können sowohl typische Kühlschmierstoff-Bakterien wie Pseudomonas-Arten als auch Schimmelpilzarten vom Arbeitsplatz fungieren
Barber CM, Wiggans RE, Carder M, Agius R. Epidemiology of occupational hypersensitivity pneumonitis; reports from the SWORD scheme in the UK from 1996 to 2015. Occup Environ Med 2017; 74: 528–530. https://doi.org/10.1136/oemed-2016-103838.
Burton CM, Crook B, Scaife H, Evans GS, Barber CM. Systematic Review of Respiratory Outbreaks Associated with Exposure to Water-Based Metalworking Fluids. Ann Occup Hyg 2012; 56: 374–388. https://doi.org/10.1093/annhyg/mer121.
Kespohl S, Warfolomeow I, Schneider G, Maryska S, Meurer U, Raulf M. Microbial contamination in water-based metalworking fluid as trigger for occupational hypersensitivity pneumonitis - development of specific IgG tools for a suspected clinical case. Allergol Select 2020; 4: 110–117. https://doi.org/10.5414/ALX02124E.
Kespohl S, Warfolomeow I, Merget R, Brüning T, Raulf M. Hypersensitivity pneumonitis due to metal working fluids: Detection of specific IgG antibodies to microbial antigens. Respir Physiol Neurobiol 2023; 315: 104107. https://doi.org/10.1016/j.resp.2023.104107.
Wilson RW, Steingrube VA, Böttger EC, Springer B, Brown-Elliott BA, Vincent V, Jost KC, Zhang Y, Garcia MJ, Chiu SH, Onyi GO, Rossmoore H, Nash DR, Wallace RJ. Mycobacterium immunogenum sp. nov., a novel species related to Mycobacterium abscessus and associated with clinical disease, pseudo-outbreaks and contaminated metalworking fluids: an international cooperative study on mycobacterial taxonomy. Int J Syst Evol Microbiol. 2001; 51: 1751-1764. https://doi: 10.1099/00207713-51-5-1751.