Absaugsysteme zur Verringerung der Formaldehydbelastung in Pathologien

Projekt-Nr. IFA 3153

Status:

abgeschlossen 08/2022

Zielsetzung:

In Pathologien werden durch Biopsien entnommene Gewebeproben histologisch aufbereitet und ausgewertet. Dazu werden die Proben üblicherweise zunächst in 4 %-Formalinlösungen fixiert. Die Präparation beginnt mit dem Zuschneiden der Gewebeproben. Anschließend erfolgen die histologischen Untersuchen an den Teilproben. Durch die Fixierung des Probenmaterials in Formaldehydlösungen sind die Beschäftigten i. d. R. gegenüber Formaldehyd exponiert. Zur Reduzierung der Belastung werden die Zuschneidearbeiten an speziellen Zuschneidetischen ausgeführt, die mit einer Absaugung versehen sind. Das Absaugen der Formaldehyddämpfe erfolgt über die Tischarbeitsflächen. Diese bestehen aus Lochblechen, so dass die Formaldehyddämpfe, die schwerer als Luft sind und somit zu Boden sinken würden, über dem Arbeitstisch mit einem nach unten gerichteten Luftstrom erfasst werden. Messungen der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) belegen, dass in zahlreichen Fällen der Arbeitsplatzgrenzwert (AGW) für Formaldehyd (0,3 ml/m3) in Pathologien bei Zuschneidearbeiten überschritten wird, obwohl die Zuschneidetische mit einer Absaugung versehen waren.

Im Rahmen dieses Projektes wurden exemplarisch an einem Tisch die Betriebsparameter Luftvolumenstrom und Erfassungsgeschwindigkeit ermittelt, die für eine sichere Einhaltung des Formaldehydgrenzwertes erforderlich sind.

Aktivitäten/Methoden:

An einem exemplarischen Pathologietisch wurden typische Zuschneidearbeiten simuliert, indem Schweinefleischstücke zugeschnitten wurden, die zuvor für wenigstens 24 Stunden in eine in Pathologien gebräuchliche Fixierlösung mit 4 % Formaldehyd eingelegt worden waren. Die dabei in der Raumluft auftretenden Formaldehydkonzentrationen wurden in mehreren Messungen, an unterschiedlichen Messpunkten und unter Variation von Randbedingungen (insb. Absaugvolumenstrom) ermittelt. Über die gemessenen Formaldehydkonzentrationen wurden der Luftstrom bzw. die Erfassungsgeschwindigkeit abgeleitet, der bzw. die eine sichere Einhaltung des Formaldehydgrenzwertes gewährleistet. Der Absaugvolumenstrom kann jedoch nicht beliebig erhöht werden, da sonst die Finger der Pathologen kalt werden und somit das filigrane Arbeiten erschwert wird. Neben den Zuschneidearbeiten wurde auch das Handling von Formaldehydlösungen in Pathologien (z. B. Umfüllen, Abgießen) simuliert und die dabei auftretenden Expositionen gemessen.

Da die Pathologietische anderer Hersteller ähnlich aufgebaut sind, kann davon ausgegangen werden, dass die an dem hier verwendeten Tisch ermittelten Erfassungsgeschwindigkeiten auf die Tische anderer Hersteller übertragbar sind.

Darüber hinaus wurde gezeigt, dass die Erfassungsluftgeschwindigkeit an Pathologietischen mit einfach zu handhabenden Messeinrichtungen (z. B. Anemometer) mit hinreichender Genauigkeit ermittelt werden kann, so dass Aufsichtspersonen und sonstige Präventionsfachleute ohne komplexe Arbeitsplatzmessungen die Wirksamkeit von Absaugtischen beurteilen und auf die Formaldehydbelastung in Pathologien schließen können.

Ergebnisse:

Bei einem Absaugvolumenstrom von mind. 300 m3/h bei einer abgesaugten Tischoberfläche von 0,585 m2 ist beim Zuschneiden von Gewebeproben mit einer sicheren Unterschreitung des AGW für Formaldehyd zu rechnen. Dieser Wert kann mithilfe der Messgröße "Luftgeschwindigkeit" auch auf andere Absaugflächen übertragen werden. Für die BGW wurde damit eine einfache Möglichkeit geschaffen, die Wirksamkeit einer Untertisch-Absaugung in Pathologien zu überprüfen. Mit dem von der BGW verwendeten Messsystem (Volumenstrom-Messhaube der Fa. Testo) bedeutet ein Messwert von 0,9 m/s eine wirksame Absaugung.

Eine weitere Erkenntnis des Projektes ist es, dass eine Absaugung zwischen Schneidbrett und Pathologe vorhanden sein muss, da ansonsten Formaldehyddämpfe infolge des thermischen Auftriebes die Konzentration am Pathologen erhöhen. Hierzu reicht ein kleiner Abstand zwischen Schneidbrett und vorderer Tischkante. Auch der Einsatz einer Haube reduziert die Exposition bzw. ermöglicht bei gleicher Exposition eine Reduktion des Absaugvolumenstromes, kann aber das Arbeiten behindern.

Des Weiteren wurde gezeigt, dass für Entsorgungs- und insbesondere für Umfüllvorgänge selbst bei Absaugvolumenströmen > 300 m3/h keine sichere Grenzwerteinhaltung möglich ist. Gründe hierfür sind zum einen große Oberflächen und zum anderen der Abstand zur Tischoberfläche (das Umfüllen mit 5-l-Kanistern findet 30 bis 40 cm über dem Tisch statt). Der Einsatz einer Haube ist bei diesen Tätigkeiten evtl. nicht praktikabel. Für eine sichere Einhaltung des AGW wird daher empfohlen, Umfülltätigkeiten in einem Abzug durchzuführen.

Stand:

08.12.2022

Projekt

Gefördert durch:
  • Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW)
Projektdurchführung:
  • Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW)
  • Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA)
Branche(n):

Gesundheitswesen

Gefährdungsart(en):

Gefahrstoffe

Schlagworte:

Chemische Arbeitsstoffe, Technische Schutzmaßnahmen (Expositionsminderung/Sicherheitseinrichtungen)

Weitere Schlagworte zum Projekt:

Pathologie, Formaldehyd, Absaugtisch, Zuschneidearbeiten, Formaldehydlösung

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