FAQ Draht – Bearbeitung und Verarbeitung

Das Thema Drahtbearbeitung und Drahtverarbeitung ist in Informationsschriften kaum vertreten. Diese FAQ-Liste greift die bekannten Inhalte aus Kapitel 2.1 der DGUV Regel 100-500 auf und ist eine Grundlage für weitere Informationsschriften.

1. Begriffe

  • 1.1. Was ist Draht?

    Unter den Begriff "Draht" fallen alle Drahtsorten von den kleinsten Durchmessern bis zu den größten Durchmessern von 45 mm und mehr. Draht ist ein dünnes dehnbares Metall und besitzt üblicherweise einen runden Querschnitt, kann aber auch sternförmigen, ovalen, halbrunden oder vier- und dreieckigen Querschnitt haben. Zudem gibt es gewickelter Rund- und Profildraht, der auch ummantelt oder überzogen sein kann. Ein Kennzeichen von Draht ist, dass er im Ausgangszustand oder als Zwischenprodukt / Endprodukt in der Regel wickelbar ist. Draht wird meist aus Eisen, Kupfer, Messing, Aluminium, Silber, Gold, Edelstahl oder Magnesium hergestellt.

  • 1.2. Wie entsteht Draht?

    Draht wird durch Ziehen, Walzen und Pressen hergestellt.

  • 1.3. Worin besteht der Unterschied zwischen Drahtbearbeitung und Drahtverarbeitung?

    Bei der Drahtbearbeitung wird der Draht nur verändert, das Material bleibt gleich. Daher umfasst die Drahtbearbeitung die Verfahren Ziehen, Verwinden, Richten, Rippen, Kerben sowie verschiedene Arten des Umformens, wie etwa Biegen oder Kröppen.

    Die Drahtverarbeitung umfasst z. B. das Wickeln, Verseilen, Flechten, Weben, Teilen sowie verschiedene Arten des Umformens, z. B. Biegen.

2. Generelle Gefährdungen und Maßnahmen

  • 2.1. Gibt es Beschäftigungsbeschränkungen?

    Jugendliche dürfen an Drahtziehmaschinen und Verseilmaschinen nicht beschäftigt werden.

    Eine Ausnahme besteht für Jugendliche über 16 Jahre, soweit dies zur Erreichung ihres Ausbildungszieles erforderlich ist und ihr Schutz durch eine aufsichtführende Person gewährleistet ist.

    Aufsichtführend ist, wer die Durchführung von Arbeiten zu überwachen und für die betriebssichere Ausführung zu sorgen hat. Die Person muss hierfür ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen besitzen sowie weisungsbefugt sein.

    Hinsichtlich Beschäftigungsbeschränkungen siehe Jugendarbeitsschutzgesetz.

  • 2.2. Welche Einschränkungen gibt es für die Einarbeitungszeit?

    Versicherte, die erstmals an Drahtziehmaschinen und Verseilmaschinen beschäftigt werden, müssen bis zum Abschluss der Einarbeitung durch eine fachkundige Person beaufsichtigt werden.

    Fachkundig ist, wer aufgrund seiner fachlichen Ausbildung und Erfahrung ausreichende Kenntnisse auf dem Gebiet der Drahtbe- und -verarbeitung hat, so dass er oder sie den arbeitssicheren Zustand von Anlagen zur Drahtbe- und -verarbeitung beurteilen kann.

  • 2.3. Welche Gefahren bestehen bei Drahtbewegungen?

    Bei laufendem Draht besteht die Möglichkeit der Schlingenbildung sowohl bei waagerechtem Abzug als auch beim Abzug nach oben von einem losen Drahtbund. Zudem besteht immer die Gefahr, dass der Draht reißen kann und dann Personen durch Herumschleudern verletzen könnte.

    Die Schlingenbildung oder die Gefahr durch Schlingenbildung kann verhindert werden durch:

    • geeignete Führung des Drahtes, z. B. durch Rohre, Trichter oder Käfige
    • falls eine Führung des Drahtes nicht möglich ist, sind geeignete zwangsläufig wirkende Abschalteinrichtungen vorzusehen. Diese Abschalteinrichtungen sollten derart konstruiert sein, dass sie den Draht bei normalem Lauf passieren lassen, jedoch bei einer Schlingenbildung oder Anhäufung von Draht, die Draht ziehende Maschine gestoppt wird.

    Die Beseitigung von Störungen am Draht darf nicht bei laufendem Draht vorgenommen werden.

    Sollte es zu einem Drahtbruch mit wegfliegenden Drahtteilen kommen können, so sind Verdeckungen vorzusehen, die in der möglichen Flugrichtung dieser Drahtteile derart angeordnet sind, dass Personen nicht verletzt werden können.

    Sofern die eingesetzten Verdeckungen keinen ausreichenden Schutz vor Wegfliegen von Drahtteilen bieten, so sind zusätzliche Schalteinrichtungen vorzusehen, die bei Drahtbruch den Antrieb abschalten.

    Lassen sich die Verdeckungen öffnen, so sind die den Draht bewegenden Einrichtungen durch das Öffnen der Verdeckungen stillzusetzen.

  • 2.4. Was sollte man bei Drahtbunden beachten?

    Beim Abnehmen von Drahtbunden von Maschinen und vor jedem Transport sind die Drahtenden festzulegen, sofern die Gefahr besteht, dass die Drahtenden hervorstehen, herausspringen oder sich lösen können. Dies gilt nicht für Drahtbunde, deren Enden für die weitere Be- oder Verarbeitung gerade sein müssen.

    Dies wird z. B. erreicht, wenn

    • Drahtenden am Anfang der Drahtbunde so zwischen die Drahtumgänge gesteckt werden, dass sie nicht herausspringen können,
    • Drahtenden so umgebogen werden, dass sie nicht aus dem Drahtbund herausstehen oder
    • Drahtenden bzw. Drahtbunde mit Bindedraht oder dergleichen umwickelt und auch die Enden des Bindedrahtes verwahrt werden.

    Beim Lagern der Drahtbunde sind diese gegen Wegrollen zu sichern.

3. Maschinen

3.1. Ziehmaschinen

  • 3.1.1. Was ist der Unterschied von Trocken- und Nass-Ziehmaschinen?

    Bei Trocken-Ziehmaschinen erfolgt die Kühlung der Ziehscheiben mit Luft oder Wasser. Bei Nass-Ziehmaschinen werden die Ziehwerkzeuge und Ziehscheiben in flüssige Kühlschmierstoffe eingetaucht oder durch Sprühverfahren mit ihnen benetzt.

  • 3.1.2. Welche Maßnahmen gilt es bei Ziehmaschinen zu beachten?

    Nichtabnehmbare Einziehzangen an Zieh- und Fertigscheiben von Ziehmaschinen müssen nach dem Einziehen des Drahtes gegen Abschleudern gesichert werden.

    Einziehzangen, die von Zieh- und Fertigscheiben abgenommen werden, müssen so abgelegt werden, dass sie nicht vom Draht oder den Scheiben weggeschleudert werden können.

    Einziehstangen an Ziehmaschinen müssen so an den Ziehscheiben befestigt werden können, dass sie beim Anlaufen nicht von Hand gehalten werden müssen.

    Bei Ziehmaschinen mit automatischer Sammlungskontrolle dürfen Verrichtungen vor ziehenden Scheiben nur vorgenommen und der Raum zwischen Ablaufeinrichtung und Ziehmaschine nur betreten werden, nachdem die ziehende Scheibe durch die Bedienperson stillgesetzt worden ist. Ein Wiedereinschalten ist erst zulässig, nachdem sich die Bedienperson überzeugt hat, dass sich niemand in diesen Gefahrbereichen befindet.

3.2. Verseilmaschinen

  • 3.2.1. Was versteht man unter Verseilen?

    Als Verseilen bezeichnet man das Vereinigen von zwei oder mehr Elementen, indem man sie um eine gemeinsame Achse windet.

    Dabei unterscheidet man das Verseilen "ohne Rückdrehung" und das Verseilen "mit Rückdrehung".

    Beim Verseilen mit Rückdrehung tritt keine Verdrehung der Elemente auf. Man wendet diese Verseiltechnik zum Beispiel bei empfindlichen Elementen im Telekommunikationsbereich an und bei großen Elementen mit starkem Torsionswiderstand, die sonst beschädigt würden.

    Das Verseilen ohne Rückdrehung wird angewendet, wenn die zu vereinigenden Elemente die Verdrehung ohne Schaden vertragen.

  • 3.2.2. Was sind Korbverseilmaschinen?

    Bei Korb- und Sternverseilmaschinen sind die Ablaufspulen mit dem zu verseilenden Draht in Verseilkörben gelagert. Die Verseilkörbe rotieren um die Verteilachse. Abzug und Aufwickeltrommel sind festgelagert. Der Zugriff und Zutritt zu den Verseilkörben muss verhindert sein. Verteilerscheibe und Verseilnippel sowie die Bereiche des rotierenden Raupenabzuges und Antriebstrommel müssen in den Schutzbereich mit einbezogen sein.

  • 3.2.3. Wann ist ein Zutritt oder Zugriff zu den Verseilkörben der Korbverseilmaschine erlaubt?

    Bei beweglichen Schutzeinrichtungen muss durch Verrieglung sichergestellt werden, dass

    • ein Öffnen erst möglich ist, wenn die Verseilkörbe zum Stillstand gekommen sind, oder
    • die Verseilkörbe durch das Öffnen so schnell zum Stillstand kommen, dass keine Verletzungen zu erwarten sind.
    • Bei geöffneter Schutzvorrichtung dürfen die Verseilkörbe nur im Tipp-Betrieb bewegt werden können.

    Für die Durchführung von Rüstarbeiten sind die vorhandenen Einrichtungen bestimmungsgemäß zu benutzen. Können sich Personen zur Durchführung von Rüstarbeiten in Verseilkörbe begeben, sind die vorhandenen Einrichtungen zur Verhinderung von Bewegungen der Verseilkörbe zu benutzen.

    Einrichtungen zur Verhinderung von Bewegungen der Verseilkörbe sind z. B.

    • abschließbare Schalter zur Trennung der Antriebsenergie und
    • sicher wirkende Bremsen oder Sperren.
  • 3.2.4. Was sind Rohrverseilmaschinen?

    Bei Rohrverseilmaschinen stehen die Abgabespulen still, während die zu verseilenden Adern rotieren. Jede Abgabespule ist in einem sich im Rohr (Rotor) drehendem Spulenjoch eingebaut.

    Das Verdrehen der Drähte bewirkt das sich drehende Rohr. Die Drähte laufen von den Spulen ab, werden durch den Rotor geführt und gelangen so zum Verseilpunkt. Die Spulenjoche sind im Rohr in Serie angeordnet, daher ergibt sich eine verhältnismäßig lange Maschine.

  • 3.2.5. Was muss an Rohrverseilmaschinen gegen Berühren gesichert sein?

    Die Verseilkörper, Bügel und Drahtführungsschalen müssen gegen Berühren gesichert sein.

    • Bewegliche Verkleidungen dürfen sich erst öffnen lassen, nachdem die Verseilkörper, Bügel oder Drahtführungsschalen zum Stillstand gekommen sind, oder
    • Verseilkörper, Bügel oder Drahtführungsschalen müssen beim Öffnen der Schutzeinrichtung so schnell stillgesetzt werden, so dass keine Verletzungen möglich sein.
  • 3.2.6. Welche Besonderheiten gibt es für schnelllaufende Verseilmaschinen?

    Schnelllaufende Verseilmaschinen können Korb- und Rohrverseilmaschinen sein.

    Der Innenraum schnelllaufender Verseilmaschinen muss von Fremdkörpern und gefährlichen Ablagerungen, die eine Unwucht bilden oder bei hohen Drehzahlen herausgeschleudert werden können, freigehalten werden.

    Bei schnelllaufenden Verseilmaschinen müssen die Lager der Gefahr bringenden Teile in den Zeitabständen abgeschmiert und gewechselt werden, die vom Hersteller der Verseilmaschine oder des Lagers angegeben sind. Sind solche Angaben nicht vorhanden, so hat der Betreiber dafür zu sorgen, dass die Lager nach von ihm schriftlich festgelegten Angaben abgeschmiert und gewechselt werden.