Lage der Arbeitszeit, Schichtarbeit

Praxisbeispiel

Frau U. leitet einen Produktionsbetrieb mit 40 Beschäftigten. Viele Beschäftigte arbeiten im Wechselschichtsystem mit Nachtarbeit. In den letzten Monaten erfuhr Frau U. vermehrt von nächtlichen Beinahe-Unfällen. Im Austausch mit den Beschäftigten wurden Unaufmerksamkeit und Müdigkeit als Gründe für die Beinahe-Unfälle genannt. Frau U. ist besorgt über die Schilderungen und möchte Unfälle auf jeden Fall vermeiden.


Mögliche Gefährdungen

Schichtarbeit – insbesondere im Wechselschichtsystem – und Nachtarbeit verändern den Schlaf-Wach-Rhythmus und können zu einer Störung des biologischen 24-Stunden-Rhythmus und der „inneren Uhr“, führen. Dies und andere Aspekte von Nacht- und Schichtarbeit können die Sicherheit und Gesundheit negativ beeinflussen. Studien zeigen, dass ungünstige Schichtpläne zu einem höheren Risiko für Schlafprobleme, Herz-Kreislauf- Erkrankungen, Erkrankungen des Verdauungstraktes, Störungen des Stoffwechsels, Diabetes mellitus sowie zu müdigkeitsbedingten Arbeitsunfällen führen können. Einige Beschäftigte berichten in Studien von emotionaler Erschöpfung und Müdigkeit.


Schutzziele

Die Gestaltung der Schichtarbeit erfolgt so, dass die negativen Auswirkungen auf die Gesundheit der Beschäftigten minimiert und Unfälle vermieden werden. Beschäftigte verhalten sich so, dass Schlaf, Erholung und Ernährung die negativen Auswirkungen der Schichtarbeit minimiert.


Beispielhafte Maßnahmen

In der Reihenfolge S-T-O-P soll geprüft werden, ob es passende Maßnahmen zum Schutz vor einer Gefährdung gibt.

Substitution

  • In diesem Beispiel wurden keine substituierenden Maßnahmen getroffen.

Technische Maßnahmen

  • Die Beleuchtung ist an die Erfordernisse der Arbeit im Schichtbetrieb angepasst.

Organisatorische Maßnahmen

  • Schichtpläne werden nach arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen gestaltet. Dazu gehören z. B. die schnelle Vorwärtsrotation der Schichten sowie maximal drei Nachtschichten hintereinander, Einhalten der gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeit von mindestens 11 Stunden, die maximale Schichtdauer von 8 Stunden, möglichst später Beginn der Frühschicht und geblockte Wochenendfreizeiten statt einzelner freier Tage.
  • Eine App zur Mitgestaltung der Schichtplanung durch Beschäftigte prüft die Umsetzung arbeitswissenschaftlicher Erkenntnisse zur gesundheitsgerechten Schichtplanung.
  • Der Umfang von Nachtarbeit ist auf ein Minimum begrenzt.
  • Mehrarbeit wird durch Freizeit statt durch Geldzuschläge ausgeglichen.
  • Schichtpläne sind möglichst den individuellen Tages-Rhythmen der Beschäftigten (z.B. "Eulen / Lerchen"), Alter und Aspekten der individuellen Work-Life-Balance angepasst.
  • Die Arbeitsgestaltung ist so optimiert, dass sicheres Arbeiten auch bei geringer Aufmerksamkeit möglich ist. Fehleranfällige oder in Bezug auf das Unfallgeschehen risikoreiche Aufgaben finden am Tag statt.
  • Die räumliche und zeitliche Gestaltung ermöglicht kurze Schlafepisoden ("Naps").
  • Ein Angebot von leichten und gesunden Mahlzeiten unterstützt die körperlichen Bedürfnisse der Beschäftigten bei Nachtarbeit.

Personenbezogene Maßnahmen

  • Gesetzliche Pausen und Kurzpausen werden systematisch durchgeführt.
  • Die Beschäftigten erhalten das Angebot zu arbeitsmedizinischer Beratung und Untersuchung für Nachtarbeitnehmende.
  • Qualifizierungen zur gesundheitsförderlichen Gestaltung von Schichtarbeit zu Themen wie Ernährung, Bewegung, Schlaf, Licht, Planung des Soziallebens, Stressbewältigung und Suchtmittel werden angeboten.