Schon vor der Pandemie waren psychische Probleme ein häufiger Krankheitsgrund. Die aktuelle Krisensituation verschärft sie und bringt zusätzliche Beanspruchungen mit sich. Es ist daher wichtig, offen in der Gesellschaft mit psychischer Belastung umzugehen – auch im Arbeitsumfeld. Berufsgenossenschaften und Unfallkassen unterstützen Betriebe und Einrichtungen dabei, die psychische Belastung ihrer Mitarbeitenden frühzeitig zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren.
Es ist oft nur ein schmaler Grat, der aus einer fordernden Situation eine überfordernde macht. Die Belastung ist dabei sehr unterschiedlich – auch in der individuellen Wahrnehmung. Mit Blick auf das letzte Jahr stehen einige Faktoren deutlicher im Fokus: kurzfristig veränderte Arbeits- und Kommunikationsformen, emotionale Belastung in bestimmten Branchen wie dem Gesundheitswesen, Angst um den Arbeitsplatz oder die Existenz und die Infektionsgefahr. Dazu kommen Sorgen um die Angehörigen oder die Doppelbelastung von Familien. All das für sich genommen oder in Kombination kann zu einer Überlastung führen, die körperliche und psychische Beschwerden nach sich ziehen kann. Auch Unternehmen tragen dabei Verantwortung für die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden. "Arbeitgebende haben eine Fürsorgepflicht, das heißt sie müssen dafür sorgen, dass Beschäftigte auch in Krisenzeiten gesund bleiben. Die Gestaltung der Arbeitsbedingungen hat dabei einen erheblichen Einfluss, wie gut Beschäftigte mit neuen Herausforderungen umgehen können", erklärt Dr. Stefan Hussy, Hauptgeschäftsführer der DGUV. Die Berufsgenossenschaften und Unfallkassen unterstützen dabei, diese gesund zu gestalten – zum Beispiel im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung, die auch die psychische Belastung berücksichtigt.
In Bezug auf psychische Beschwerden kommt besonders Führungskräften eine wichtige Rolle zu. In sogenannten Fürsorgegesprächen können sie mit einzelnen Mitarbeitenden Veränderungen im Arbeitsverhalten thematisieren und gemeinsame Lösungen finden. Dabei sollen und können Führungskräfte keine ärztliche Rolle einnehmen. Ihnen kommt lediglich die Aufgabe zu, eine Belastung frühzeitig zu erkennen und gegenzusteuern. Sie sollen zeigen, dass sie ansprechbar sind und Verständnis für individuelle Krisensituation oder Probleme haben.
Das Ende der Pandemie bedeutet nicht unbedingt das Ende der seelischen Beeinträchtigungen. Unternehmen und Einrichtungen sollten weiter aufmerksam bleiben und ihr systematisches Vorgehen für den Umgang mit psychischer Belastung weiterentwickeln.
Bislang gibt es noch keine gesicherten Erkenntnisse zur psychischen Belastung infolge der Coronapandemie. Daher führt das Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IPA), zusammen mit Unfallversicherungsträgern, eine Befragung durch. Untersucht werden unter anderem die Auswirkungen der Pandemie auf die psychische Belastung der Beschäftigten verschiedener Branchen. Die Studie läuft bis Mitte 2021. Die Ergebnisse können dazu beitragen, Strategien abzuleiten, um die Belastung in solchen Extremsituationen zu verringern.